Übersetzen in jeglicher Hinsicht

Seit ca. 18 Jahren arbeite ich im Bereich Produktmanagement bei der Firma Papenmeier Rehatechnik. Aufgrund meines Germanistik/ Anglistikstudiums sowie meiner Begeisterung für unterschiedliche Fremdsprachen (z. B. Englisch, Französisch Spanisch) bin ich für das Übersetzen von Texten aller Art (Prospekte, Handbücher, Briefe etc.) qualifiziert.  Als blinde Kollegin ist es jedoch auch meine Aufgabe, Texte in Braille/Punktschrift zu übertragen.

Jede Übersetzung hat ihre Eigenheiten. So kann man beispielsweise bei einer Übersetzung vom Deutschen ins Englische nicht alles wort-wörtlich übernehmen. Hier darf man manchmal seine Kreatitivät walten lassen und nach passenden Ausdrücken suchen. Auf diese Weise habe ich vor einiger Zeit eine Werbung für hochwertige Braillepunkte übersetzt. Im Deutschen hieß die Überschrift: "fühlbar hochwertige Punkt-Qualität". Im Englischen kam dann dabei heraus: "high dot-quality at your finger tips".

Finger auf Punktschrift

Apropos Fingerspitzengefühl: Bei der Übersetzung von einem gedruckten Text in Brailleschrift ist oft nicht einfach eine eins-zu-eins-Übertragung möglich. Tabellen stellen sich in Braille häufig anders dar als in Print und lesen sich mit den Fingern anders als mit den Augen. Folglich ist es notwendig, beim Formatieren der Braille-Datei darauf zu achten, dass alles ordentlich untereinander steht und der Leser/ die Leserin die Tabelle buchstäblich gut erfassen kann, wenn er/sie das Dokument als Punktschrift-Druck in die Finger bekommt.

Was folgt daraus? Beim Übersetzen in jeglicher Hinsicht kann man sich kreativ ausleben und es kommt keine Langeweile auf. Keine Übersetzung gleicht der anderen. Immer sind es verschiedene Themen mit unterschiedlichen Texten.

Ich war damals noch nicht sehr lange bei Papenmeier, als ich eine Übersetzung für eine andere Abteilung bei uns im Haus vornehmen sollte. Das Thema hieß "Waltzpaltregelung". "Oh", dachte ich, "endlich mal was ganz Neues! Noch nie gehört. Was bedeutet das denn auf Deutsch?" Mehrere Erklärungen und Telefongespräche mit dem zuständigen Produktbereichsleiter folgten, bevor ich loslegen konnte. Im Englischen hieß das Ganze "Roll gap control" und bereicherte mich mit vielen Fachausdrücken und technischen Begriffen. - und das alles im Hochsommer bei schweißtreibenden Temperaturen.

Die Abteilung bei Papenmeier gibt es inzwischen nicht mehr, die Erinnerung an diese interessante Thematik bleibt bestehen.

Anne Kochanek


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