Papenmeier - 20+

alte Taschenuhr auf einer Bank, daneben Text "20+ Jahre im Papenmeier Team" + kleiner Störer "Annes Blog"

Es gibt Artikel, die eigentlich schon letzten Sommer geschrieben worden wären, zum Beispiel, wenn man 20-jähriges Firmenjubiläum hatte. Dies war bei mir Mitte Juli 2021 der Fall. Ich erhielt liebe Glückwünsche, für die ich mich, auch ein halbes Jahr später, herzlich bedanke.

Lebhaft kann ich mich an meinen ersten Arbeitstag im Juli 2001 erinnern. Nach der Begrüßung durch die Kollegen und einem Firmenrundgang, schwerpunktmäßig durch die Reha-Abteilung, erhielt ich einen Prospekt über eine Vergrößerungssoftware, der ins Englische übersetzt werden sollte. Ein Sprung ins kalte Wasser, da ich mich, selbst mit Braille und Sprache arbeitend, nicht wirklich mit Vergrößerung auskannte, von den englischen Begriffen ganz zu schweigen. Verzweifelt saß ich am Rechner und tat mein Bestes, nachdem ich mir erstmal Informationen über Vergrößerungsprogramme eingeholt hatte. Dann erhielt ich die Nachricht, dass ich für zwei Ausstellungen im September eingeteilt war und gleich am nächsten Tag mit einem Kollegen zum Kunden fahren würde. Es ging also direkt in die Vollen, aber auf diese Weise lernte ich schnell mich in den alltäglichen Wahnsinn und in das Leben einer Produktmanagerin einzugewöhnen.

Zu meinen Aufgaben im Fachbereich RehaTechnik gehörten/gehören Kundenberatung, hauptsächlich per Telefon, Übersetzungen von Texten wie Datenblättern oder Bedienungsanleitungen, Teilnahme an Messen und Ausstellungen sowie Hilfestellung bei Produkten wie Braille- oder Vorlesegeräten. Nicht zu vergessen ist das Korrekturlesen von Braillematerial aller Art: Handbücher, Datenblätter oder Braillekalender.

Natürlich gibt es in jedem Job Höhen und Tiefen: Aufgaben, die man gerne macht oder Tätigkeiten, die nicht zu den Favoriten gehören.

Lasse ich meine Papenmeier-Zeit Revue passieren, fallen mir viele positive Begebenheiten ein, von denen ich als Beispiel Folgende herausgesucht habe:

Zwei Wochen nach meinem ersten Arbeitstag besuchte der damalige Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, wie sie seinerzeit hieß, die Firma. Ich durfte die 80-ger Braillezeile vorführen und ein paar salbungsvolle Worte über das Arbeiten mit Braillezeile sagen. Zu meinem Erstaunen war ich völlig locker, und Herr Jagoda war es auch. Am nächsten Tag erschienen meine Hände auf der Braillezeile in der Lokalzeit des WDR-Fernsehens.

Im heißen Sommer 2003 kam ein Kollege aus der ehemaligen Abteilung Steuerungsbau auf mich zu. Ich könnte doch Englisch und er hätte hier ein Dokument zum Thema Walzspaltregelung. Ob ich ihm das mal kurz übersetzen würde. Ich stutzte. "Walzspalt… was? Hab' ich noch nie gehört, auch nicht auf Deutsch. Bitte um "Aufklärung". Diesen Sachverhalt hier zu erklären, wäre ein bisschen zu viel des Guten. Im Gedächtnis bleibt jedenfalls der englische Begriff "roll gap control" und die damit einhergehenden Vokabeln, die mir, bei tropischen Temperaturen, im Hals stecken blieben.

Auch auf Ausstellungen und Messen gab es schöne Begegnungen.

In einem Jahr war auf der SightCity in Frankfurt eine Gruppe mit taubblinden Menschen. In weiser Voraussicht hatte ich mir das Lormen angeeignet, ein Tastalphabet, in dem der "Sprechende" dem "Zuhörer" in die Hand buchstabiert. Die Vokale "a, e, i, o, u" werden durch Tippen auf die Fingerspitzen dargestellt. Für Konsonanten und Umlaute gibt es wiederum andere Zeichen. Auf dieser Messe konnte ich das Erlernte in die Praxis umsetzen und freute mich, wenn mein Gegenüber mir zu verstehen gab, dass ich mich richtig ausgedrückt hatte. Ein taubblinder Herr, der ein bisschen sprechen konnte, quittierte meine Zeichen mit "klar. klar" und lormte zurück. Wenn ich ihn nicht verstand, legte ich seine Hand an meinen Kopf und schüttelte ihn. Er lormte erneut, jetzt langsam und deutlich, denn auch beim Lormen kann man "schmieren". Am Ende des Gespräches lachten wir und der Betreuer meinte, er hätte dadurch eine kleine Pause machen können.

Auf den Papenmeier internen Ausstellungen wurde ein Imbiss angeboten: Getränke, Brötchen, oft Gebäck oder Kuchen. Es war also nicht nur für das geistige, sondern auch für das leibliche Wohl gesorgt, was dankbar angenommen wurde.

Hin und wieder kam es vor, dass sich ein Interessent wesentlich mehr für Essen und Trinken, als für unsere Produkte interessierte. Daraufhin notierte meine Kollegin stets: "Kunde hatte wenig Interesse, aber viel Hunger."

Aber auch am Telefon kann man eine Menge interessanter Geschichten erleben.

Eine Kundin beschwerte sich, dass ihr Daisy-Player kaputt sei und wir keine gescheiten Geräte verkaufen würden. "Was funktioniert denn an Ihrem Player nicht?" wollte ich wissen. Nach einer weiteren Schimpftirade kam, langsam, in kölschem Dialekt: "Dat können se ja jar nisch wissen. Mir is dat Jerät ins Spülwasser jeraten. Jetz iset nur noch am Vibrieren." Ich hob mir das Lachen für nach der Beratung auf und wir schickten der Dame einen neues Hörbuchabspielgerät mit der Bitte, es doch möglichst nicht ans Spülbecken zu stellen.

So landeten Daisy-Player, besonders die kleinen Geräte, schon mal im Hundenapf, in der Waschmaschine oder in der Toilette.

Viele schöne Erlebnisse hatten wir im Kollegenkreis - sei es bei alljährlichen Sommerfesten, auf denen ich mehrmals Saxophon spielte, oder in kleinem Kreis, wenn ein besonderes Ereignis gefeiert wurde. Ebenfalls zählten gemütliche Abende nach Ausstellungen dazu sowie die Veranstaltungen am Donnerstagabend während der SightCity.

Wie in jedem Arbeitsleben gab/gibt es auch traurige Zeiten. So hat die "Reha-Familie" im Laufe der letzten Jahre mehrere Mitglieder verloren.

Unser früherer Exportmanager, Hans-Werner Ring, verstarb im Januar 2012. Im September 2012 mussten wir Abschied von unserem ehemaligen Fachbereichsleiter Jürgen Bornschein nehmen. Im Januar 2016 starb unser langjähriger Betriebsrat Martin Köster. Im Dezember 2017 nahmen wir Abschied von unserem früheren Chef Günther Papenmeier. Unser Kollege Werner Hoog, der viele Jahre die Hotline betreute, starb im März 2019. Wir trösteten uns gegenseitig und verabschiedeten uns auf den Beisetzungen von den Kollegen.

Nun hat Corona einiges verändert. Viele arbeiten im Homeoffice, was gut funktioniert. Allerdings sieht man sich dadurch nicht mehr sehr häufig live, sondern ist meist über Teams, Zoom, E-Mail oder Telefon in Kontakt. Reale Begegnungen sind eher selten geworden.

Was die nächsten Jahre bringen werden, bleibt abzuwarten. Fest steht jedoch, dass meine bisherige Zeit bei Papenmeier von überwiegend Positivem geprägt ist. Ich danke allen, die mich auf dem Weg begleitet haben und weiterhin begleiten.


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